Wie in unserem ersten Blogbeitrag zu RPA beschrieben, gehen wir davon aus, dass RPA eine der wesentlichen Technologien ist, mit der sich der Einkauf beschäftigen sollte. In diesem Beitrag möchten wir das Zusammenspiel von Prozessmanagement und RPA näher beleuchten.
Nehmen wir an ein Unternehmen möchte den Prozess zur Anlage und das Update von Lieferantenstammdaten automatisieren. Aus Managementperspektive sieht dieser Prozess relativ trivial und deshalb einfach zu automatisieren aus. Er wurde ja bereits einige Jahrzehnte von Frau Müller durchgeführt und wird gemeinhin als "Abtippen" von vorhandenen Informationen gesehen, die wohl definiert sind. Sehen Sie den Gorilla? Falls sie gerade denken: "Was soll das denn mit diesem Gorilla?", besuchen Sie kurz diesen Artikel. Und hier fängt die Misere für ein erfolgreiches RPA-Projekt an. Frau Müller hat sich nämlich über die letzten Jahre zu einer Expertin entwickelt. Sie hat den nicht oder nur implizit vorhandenen Prozess und die notwendigen Regeln alle in ihrem Kopf und bewertet jede Situation heuristisch und somit meist richtig.
Beispiel 1: Frau Müller kennt die Mitarbeiter des Einkaufs, die berechtigt sind Lieferantenstämme anzulegen. Hierfür benötigt sie keine definierte Liste. Wie soll jetzt ein Bot mit Anforderungen zur Anlage umgehen? Woher weiß ein Bot, ob jemand zum Einkauf gehört und ob er die Berechtigung für eine Anlage hat? Hier wird schnell allen Beteiligten klar, dass zur vollständigen Automatisierung viel Hirnschmalz notwendig ist um Berechtigungsmatrizen mit Attributen wie User, Vorgesetzter des Users, Autorisierung für bestimmte Einkaufsorganisationen, etc. zu definieren. Natürlich gibt es auch weniger aufwendige Steuerungsmechanismen. Aber auch diese wollen wohl überlegt sein.
Beispiel 2: Die Aktualisierung von Lieferantenstammdaten stellt jedes Unternehmen für Herausforderungen, aber ist unabdingbar für gute Analytik oder Prozesssteuerung. Nehmen wir an ein Einkäufer (Herr Bota) verlässt das Unternehmen und ein neuer Einkäufer (Herr Francois) ist jetzt zuständig. Bisher schrieb der Teamleiter von Herrn Bota an Frau Müller, sie möge bitte alle Lieferanten von Herrn Bota auf Herrn Francois "umschreiben". Frau Müller ändert also den Leadbuyer im Kreditorenstamm auf Herrn Francois. Da sie jahrelange Erfahrung hat, ändert sie außerdem auch gleich den Einkaufsverantwortlichen der deutschen Einkaufsorganisationen, da ansonsten der Rechnungsprüfungsworkflow nicht bei Herrn Francois ankommt. Aber es gibt noch eine Feinheit zu beachten. In der Einkaufsorganisation 0077 bleibt der bisherige Einkäufer stehen, da es sich hier nicht um das Headquarter handelt. Sie sehen, auch hier sind einige Regeln zu definieren, um ein heilloses Durcheinander in den Kreditorenstammdaten zu vermeiden.
Fazit: Für eine Automatisierung von Prozessen mit RPA müssen sie ihre Prozesse auf Feldebene kennen und definiert haben. Ansonsten wird ihr Projekt zum Rohrkrepierer.
So weit so gut!? Leider noch nicht ganz: Für eine langfristig erfolgreiche Automatisierung des Prozesess mit RPA sollten noch einige wichtige Fragestellungen beantwortet werden:
Was macht Frau Müller nach Einführung des Bots?
Wer überwacht den Bot und kümmert sich um Ausnahmen, die enstehen, wenn z.B. ihr System gerade nicht verfügbar ist?
Möchten sie den Prozess wirklich 100% automatisieren oder nur die aufwendigen Teile?
Wer passt den Prozess an die sich ändernden Rahmenbedingungen (neue Mitarbeiter oder Systeme die sich verändern) an?
Wie überprüfe sie, ob der Bot tatsächlich das macht, wofür sie ihn vorgesehen haben?
Aus unserer Sicht ist das alles keine Raketenwissenschaft und jedes Unternehmen kann das erfolgreich umsetzen. Aber wenn sie nicht alle Stolpersteine torkelnd selbst erkunden möchten, dann sprechen Sie uns an!
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